Wir wissen sehr gut, dass Psychotherapie wirksam ist, wenngleich wir 2007 noch zu wenig Ahnung davon hatten, warum und vor allem wie sie funktioniert [1]. Mittlerweile istdurchkonsequenteWirksamkeitsforschung klar, dass die… Click to show full abstract
Wir wissen sehr gut, dass Psychotherapie wirksam ist, wenngleich wir 2007 noch zu wenig Ahnung davon hatten, warum und vor allem wie sie funktioniert [1]. Mittlerweile istdurchkonsequenteWirksamkeitsforschung klar, dass die Therapieerfolgsvarianz in kontrollierten Studien zu 5% und in Versorgungsstudien zu 17% durch den Behandler erklärt wird [2]. Die Effektstärken fürTherapeuteneffekte betragen 0,13–0,74, die Rückfallraten schwerer psychiatrischer Erkrankungen liegen je nach Therapeut zwischen 25 und 100%. Die Frequenz bzw. Seltenheit vonTherapieabbrüchen stehtmit der Therapeutenvariable in Zusammenhang. Supervision,SelbsterfahrungundPatientenkontakt sindnützlich zurKompetenzförderung [2]. Dies zur Wichtigkeit des physisch anwesenden Behandlers – und warum? Die emotionale Reaktion des Therapeuten ist sehr wichtig für den Therapieerfolg. Effektive Therapeuten zeigen eine technisch neutrale Haltung, Empathie und weisen durch ihre affektive Kompetenz weniger Erfolgsschwankungen in unterschiedlichen Behandlungen auf. Hinzu kommt: Je schwerer die Patienten beeinträchtigt sind, umso eher wirkt sich die affektive Kompetenz der Therapeuten aus. – Die Begründung? Beziehungsfähigkeitgiltalsdiegrundlegendste Therapeutenvariable. Ein sicherer Bindungstyp befördert diese, ebenso wie eine wohlwollende IntrojektAffiliation (positive innere Erinnerungsbilder wichtiger Beziehungspersonen). So hängt auch die Kompetenzentwicklung der Behandler mit der geglückten Verarbeitung kritischer Lebensereignisse und Etablierung einer optimalen Beziehungsfähigkeit zusammen, die sich dann in der Gestaltung der Arbeitsbeziehung („working alliance“, WA) niederschlägt. Die WA wird vor allem durch Persönlichkeitsmerkmale, wie Reflexionsfähigkeit und Ich-Stärke vs. Abwehr und Fragilität, beeinflusst. Letztere stehen zusätzlich wiederum mit institutionellen oder sog. „Allegiance“-Faktoren (Loyalität gegenüber anderen Behandlern) in Zusammenhang, wodurch dem therapeutischen Team in der Psychiatrie gesonderte Bedeutung für die therapeutische Beziehung zukommt. Warum ist die therapeutische Beziehung sowichtig? „Working alliance“ und Bindung mediierendieInterventionen.Allgemeingilt für alle vier Traditionen der Psychotherapiemethoden und für störungsspezifische Verfahren, dass affektbezogene Interventionen dieMediatoren zumTherapieerfolg darstellen. Die Aktivierung von Affekten bei Patienten sowie deren vertieftes Erleben und „Verstehen“ im Verlauf der Behandlung führen zum positiven Behandlungsoutcome [2]. In erfolgreichenTherapien gelingt es, die Abwehr beim Patienten zumildern und eine adäquate Affektmodulation zu ermöglichen, wobei dies hauptsächlich durch die Arbeit an und in der therapeutischenBeziehung erfolgt [3]. Warum kann affektives Verstehen nicht digital erfolgen? BeziehungistInteraktionund50–80% der Kommunikation verlaufen nonverbal. Der starke Einfluss nonverbaler Faktoren auf die therapeutische Beziehung zeigt sich im Zusammenhang zwischen nonverbaler Synchronisation und Behandlungsergebnis, speziell Mikroexpressionen oder „facial affective behaviour“ sind ein guter Indikator für die Beziehungsbalance [3]. Mikroexpressionen sind Gesichtsausdrücke, die weniger als eine halbe Sekunde dauern, alsoeinunbewussterAusdruckvonEmotionen. In erster Linie gilt es dabei, die dominanten Affekte des Patienten zu beachten, bevor seinVerhalten interpretiert wird, und die nonverbale Kommunikation, klinische Wahrnehmungen, intuitive Interaktionen, subliminale Prozesse oder Contagion-Effekte zu berücksichtigen. Aber wie? Empathie ist in zwischenmenschlichen Beziehungen von zentraler Bedeutung für den Einsatz von Kommunikationsfähigkeiten, um Informationen so bereitzustellen, dass sich Patienten stärker in den Behandlungsprozess eingebunden fühlen. Empathie ist die entscheidende Fertigkeit für jeden Arzt. Das Einfühlungsvermögen des Arztes korreliert mit Patientenzufriedenheit, Patientenadhärenz und mit dem klinischen Ergebnis. Digitalen Medien fehlt diese Kompetenz.
               
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