Wir danken Herrn Kollegen Dr. Seidl für die informative und inhaltlich ergänzende Replik. Gedankt sei auch der Redaktion von Der Nervenarzt für den Artikelhinweis auf der Titelseite, der die BedeutungunseresAnliegens… Click to show full abstract
Wir danken Herrn Kollegen Dr. Seidl für die informative und inhaltlich ergänzende Replik. Gedankt sei auch der Redaktion von Der Nervenarzt für den Artikelhinweis auf der Titelseite, der die BedeutungunseresAnliegens auch inder säkularisierten Gegenwart unterstreicht. Eine unserer Hauptintentionen war es, an dem spektakulären Beispiel der Resl herauszuarbeiten, wie religiös-spirituelle Emotionalität die individuelle Psychosomatik in gegensätzlich erscheinender Weise beeinflussen kann [1]. Resl zeigt paradigmatisch, dass tiefer religiöser Glaube – wie schon aus der Bibel, aber auch aus der säkularen Medizin bekannt – einerseits ein Heilungspotenzial enthält, andererseits aber auch Leid nicht ausschließt,welches,wie imvorliegenden Fall, die im Glauben verwurzelte Person für sich und andere sinnstiftend durchleben kann. UnseresWissensgibteskaumfundierte statistische Daten, die einen Rückgang psychopathologischer Symptome als Folge psychodynamisch wirksamer religiöser Phantasien erkennen lassen. Beim DGPPN-Kongress 2019 bestand seitens des Referates Religiosität/Spiritualität die Möglichkeit, mit betroffenen Patient(inn)en über ihre Krankheitsgeschichte zu diskutieren [2]. Wir danken Herrn Dr. Seidl für den „Insider“-Hinweis zur ödipal-amourösen Konfliktkonstellation zwischen Resl und ihrem Dienstherrn [3]. Die uns zugänglichen Quellen enthalten keinen entsprechenden Hinweis, sodass die neurotische Konfliktpathologie, obwohl durchaus denkbar, zunächst eine Hypothese ist, die nicht mehr objektiv überprüft werden kann. ZwarhieltGottfriedEwald(1888–1963) eine traumatischeGeneseder spirituellen Entwicklung der Resl für unwahrscheinlich, da Brände in der Landwirtschaft damals alltäglich gewesen seien [4], jedoch ist für das traumatische Potenzial eines Ereignisses nicht der äußere Schweregrad, sondern das subjektive Erleben des hilflosen Ausgeliefertseins maßgeblich (Traumakriterium A: objektives Ereignis: A1; subjektives Erleben: A2 nach DSMIV). Sowohl das auslösende Ereignis („. . . sie erschrak sehr heftig, war im ersten Moment fast kopflos, zitterte am ganzen Körper, fühlte sich wie gelähmt . . . “; [4]) als auch die Diagnose „Hysterie nach Schock“ in der Unfallakte des Waldsassener Krankenhauses (Aufenthalt vom 23.04. bis 10.06.1918; [4]) legen die Entwicklung einer – nach heutiger Terminologie – zumindest akuten Belastungsstörung nahe. Nach dem Schockerlebnis griff Resl „schnell beim Löschen zu. Dann fiel ihr ein, dass ja auch die Scheune ihres Dienstherrn gefährdet sein könnte, sie lief dorthin und wurde auch gleich vomDienstherrn hart angelassen: ,Was laufst denn herum, faß mit an‘“ [4]. Dieser harsche Tadel mag, gerade angesichts einer möglichen Zuneigung zu ihrem Dienstherrn, bei Resl einen adäquaten Umgang mit dem akuten Ereignis verhindert haben. Durch die Zuerkennung einer einhundertprozentigen Unfallrente ab 1918/1919 wurde eine Rückkehr in die Arbeits(und Liebes-?) Beziehung zum ehemaligen Dienstherrn verhindert, womit sich die Vermeidung als eines der drei Kernsymptome der PTBS begründen ließe. PTBS-typische Beschwerden mit (nach heutigen Kriterien) Wiedererleben und einem andauernden Gefühl der Bedrohung wurden seinerzeit sicher nicht exploriert, Schreckhaftigkeit und Hyperarousal haben zweifellos vorgelegen, wie folgender Eintrag zeigt: „Eine Augenspiegeluntersuchung war nicht möglich, daTherese bei jedem derartigen Versuch in solche hysterische Krämpfe geriet, dass jedes Spiegeln zur Unmöglichkeit wurde“ – [4]. Aus phänomenologischer Perspektive sind die initiale dissoziativkonversive ebenso wie die allmählich entstehende passionsähnliche Symptomatik im Rahmen eines posttrauma-
               
Click one of the above tabs to view related content.