ZusammenfassungAktuelle Leitlinien empfehlen den Einsatz einer antiandrogenen Medikation parallel zu psychotherapeutischen Verfahren in der Behandlung von Patienten und Sexualstraftätern mit einer schweren paraphilen Symptomatik und einem hohen bis sehr hohen… Click to show full abstract
ZusammenfassungAktuelle Leitlinien empfehlen den Einsatz einer antiandrogenen Medikation parallel zu psychotherapeutischen Verfahren in der Behandlung von Patienten und Sexualstraftätern mit einer schweren paraphilen Symptomatik und einem hohen bis sehr hohen Risiko für die Begehung schwerer Sexualstraftaten. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand bezüglich Wirksamkeit und Nebenwirkungen von Antiandrogenen sowie bezüglich der rechtlichen und ethischen Rahmenbedingungen des Einsatzes von Antiandrogenen in der Therapie der paraphilen Störung mit einem Schwerpunkt auf der Anwendung von Gonadotropin-Releasing-Hormon(GnRH)-Agonisten. Mittlerweile existieren zahlreiche empirische Belege bezüglich der Wirksamkeit von GnRH-Agonisten zur Senkung paraphiler sexueller Fantasien und Verhaltensweisen. Eine Therapie mit GnRH-Agonisten birgt aber auch immer das Risiko leichter bis schwerer unerwünschter Nebenwirkungen, z. B. Hypertonus, Hyperlipidämie, Leberschädigungen, Abnahme der Knochendichte und Depression. Im deutschen Maßregelvollzug wird dennoch ein nichtgeringer Teil aller Patienten mit Antiandrogenen behandelt, wobei GnRH-Agonisten in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben. In Deutschland ist eine Behandlung mit Antiandrogenen nur auf freiwilliger Basis möglich, während die Gesetzgebung in wenigen europäischen Ländern und US-amerikanischen Staaten auch eine zwangsweise Behandlung erlaubt, die allerdings aktuellen internationalen Leitlinien widerspricht. Vor dem Hintergrund, dass eine Therapie mit GnRH-Agonisten immer auch einen Verstoß gegen grundlegende Menschenrechte darstellen kann, müssen die ethischen Rahmenbedingungen bei einer Entscheidung für eine Therapie mit GnRH-Agonisten besondere Berücksichtigung finden. Hier wird ein mögliches therapeutisches Vorgehen vor dem Hintergrund der rechtlichen und ethischen Rahmenbedingungen vorgeschlagen.AbstractCurrent guidelines recommend the use of antiandrogenic medication in addition to psychotherapeutic procedures in the treatment of patients and sexual offenders with severe paraphilic disorders and a high to very high risk of committing severe sexual offences. This article provides an overview about the current state of research concerning the effectiveness and possible side effects of antiandrogens and discusses the legal and ethical basis of using antiandrogens in the therapy of paraphilic disorders with a focus on gonadotropin-releasing hormone (GnRH) agonists. Meanwhile, a great deal of empirical evidence exists with respect to the effectiveness of GnRH agonists for lowering paraphilic sexual fantasies and behaviors; however, GnRH agonist treatment also still has a risk of mild to severe undesired side effects, e. g. hypertension, hyperlipidemia, liver damage, bone demineralization and depression. Nevertheless, in German forensic psychiatric institutions a not insignificant proportion of patients are treated with antiandrogens and furthermore, in the last few years treatment with GnRH agonists has become more important. In Germany, GnRH agonists can only be used on a voluntary basis; however, in some European countries and North American states legal statutes for compulsory treatment also exist. This is clearly contrary to the recommendations of current international guidelines. In light of the fact that GnRH agonist treatment could violate basic human rights, the need for an ethically sound approach is even more important in the decision for therapy with GnRH agonists. This article provides some proposals for a treatment approach that is in line with current ethical and legal requirements.
               
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